„Wenn Kinder oder Jugendliche, aus welchen Gründen auch immer, nicht
zuhause wohnen können, dann sind wir da – auch in Zeiten von Corona“, sagt
Stefanie Grönitz, verantwortlich für drei Wohngruppen der Diakonie Saar.
Jugendhilfe kennt kein Homeoffice
„Wenn Kinder oder Jugendliche, aus welchen Gründen auch immer, nicht
zuhause wohnen können, dann sind wir da – auch in Zeiten von Corona“, sagt
Stefanie Grönitz, verantwortlich für drei Wohngruppen der Diakonie Saar.
Rund 150 Kinder und Jugendliche leben in stationären und teilstationären Angeboten der Diakonie Saar. Die Gründe dafür sind vielfältig und auch in der „Corona-Zeit“ nicht auf einmal verschwunden: erlebte Gewalt in der Herkunftsfamilie, Missbrauch und sexuelle Übergriffe sowie Verwahrlosung. In den Wohngruppen und Wohngemeinschaften finden die Kinder und Jugendlichen einen sicheren Ort, an dem sie ihre Erlebnisse, Sorgen und Probleme aussprechen und verarbeiten können. „Unser Mitarbeitenden sind bei ‚ihren‘ Kindern geblieben, haben weiterhin Nähe gestaltet, während in vielen anderen Bereichen Distanz gefordert war“, betont Abteilungsleiter Peter Klesen den lobenswerten Einsatz der Erzieherinnen und Erzieher. Maske tragen sei zudem in der Jugendhilfe keine Option, denn zur pädagogischen Kommunikation gehöre die Mimik – und je nach Situation auch mal eine Umarmung.
Unmut darüber, nicht mehr raus zu dürfen Die Nähe war wichtig, denn mit Beginn der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen im März kamen auf die Kinder und Jugendlichen zusätzliche Herausforderungen zu. Viele haben schwierige Beziehungen zu ihrer Familie. Die mühsam aufgebauten Kontakte drohten abzubrechen, da persönliche Treffen nicht mehr möglich waren. Und Treffen mit den Freunden, die für sie einen sehr wichtigen Stellenwert haben, waren nicht möglich. „Da entstand schon teilweise großer Unmut, weil wir das Leben der Jugendlichen so einschränken mussten. Und die Jugendlichen nur im Haus zu beschäftigen, hat die Mitarbeitenden mehr gefordert als in ‚normalen‘ Zeiten“, erzählt Bereichsleiterin Grönitz.
Dazu fehlt der Schulbesuch – für viele Kinder und Jugendlichen auch jetzt im Mai immer noch. Dabei ist er eine wichtige Struktur im Alltag. Das selbstständige Lernen zuhause ist eine Herausforderung – für die Kinder und die Erzieherinnen und Erzieher. Grönitz nennt in diesem Zusammenhang noch eine weitere Herausforderung für die Jugendhilfe: „Normalerweise haben wir vormittags nur wenig Personal eingesetzt, weil ja alle in der Schule sind. Von jetzt auf gleich mussten wir für die Wohngruppen, die mit durchschnittlich neun Plätzen belegt sind, zusätzlich Personal organisieren.“ Glücklicherweise meldeten sich Mitarbeitende aus anderen Diakonieeinrichtungen, die aufgrund des Lockdowns ihre Arbeit nicht durchführen konnten. „Da bin ich sehr glücklich, dass wir auch abteilungsübergreifend zusammengehalten haben“, so Grönitz. Und so spendeten auch viele Kolleginnen und Kollegen DVDs, Laptops und Spiele, um den Jugendlichen die Zeit in den Wohngruppen erträglicher zu machen.
Covid-19-Fall in Neunkircher Wohngruppe Anfang April kam dann eine Wohngruppe in die besondere Situation: Ein Mädchen wurde krank und hatte sich tatsächlich mit dem Corona-Virus infiziert. Obwohl jeder die Sorge hatte, sich angesteckt zu haben, war für die Betreuenden klar, dass sie mit den Kindern und Jugendlichen in Quarantäne gehen, so erzählt Grönitz. Es wurden gemeinsam mit dem Gesundheitsamt die Kontakte rekonstruiert, die Hygieneregeln intensiviert und die Wohngruppe durfte nicht mehr verlassen werden. Das kranke Mädchen wurde nach zwei Tagen im Krankenhaus in die Wohngruppe entlassen. Um es zu versorgen, zogen die Erzieherinnen und Erziehern Schutzanzüge an. „Die Ausstattung durch unseren Arbeitgeber mit Schutzmaterialien, FFP2-Masken und Hygienematerial hat super funktioniert“, zeigt sich Grönitz dankbar. Und die Anstrengungen und die Disziplin aller Beteiligten hatten sich am Ende gelohnt: Niemand sonst wurde krank!
Klesen lobt den Einsatz: „Hier hat nicht nur die Betreuung funktioniert, sondern es gab eine große Bereitschaft, ins persönliche Risiko zu gehen, um für die Kinder Nähe und Schutz sicher zu stellen.“ Bereichsleiterin Grönitz betont: „Ich bin sehr stolz auf die Jugendlichen und auf meine Mitarbeitenden, wie toll sie diese Zeit gemeistert haben und aktuell noch meistern.“ Und es ist ihr wichtig zu sagen: „Wir sind für die Kinder und Jugendlichen, die nicht bei ihrer Familien leben können, die letzte Instanz und aus meiner Sicht daher systemrelevant. Da würde ich mir für den sozialen Bereich mehr Wertschätzung von Seiten der Politik wünschen.“
Wenn Sie die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen in den stationären Angeboten der unterstützen möchten, können Sie die Diakonie mit einer Spende bei der „Aktion Herzenssache“ unterstützen: Herzenssache-Corona-Soforthilfe. Herzlichen Dank!